Kratom EU

Die kontroverse Rolle von Kratom in der EU

Obwohl Kratom in Europa nicht heimisch ist und aus Südostasien stammt, spielt die Pflanze in der EU zunehmend eine Rolle – jedoch eine höchst unterschiedliche je nach Land. Während einige Staaten Kratom geduldet oder sogar therapeutisch nutzen, ist es in anderen streng verboten. Gründe dafür liegen vor allem in der umstrittenen rechtlichen Einordnung.

Rechtliche Einordnung durch die EU

2015 bewertete die EU-Kommission Kratom als „neuartiges Lebensmittel“ und stufte es damit unter die Novel-Food-Verordnung. Diese schreibt für „neue“ Nahrungsmittel umfassende Sicherheitsnachweise und Zulassungsverfahren vor. Ziel ist es, die Gesundheit der EU-Bürger zu schützen.

Allerdings war Kratom in Asien bereits seit Jahrhunderten als traditionelle Medizinpflanze bekannt. Kritiker halten die Einordnung daher für unverhältnismäßig und sehen darin einen Präzedenzfall für andere pflanzliche Heilmittel. Bislang konnte allerdings keine Ausnahme erwirkt werden.

Auswirkungen auf die Mitgliedsstaaten

Aufgrund der EU-Verordnung ist Kratom heute in den meisten EU-Staaten verboten. Einige Länder erließen dennoch Ausnahmen oder eigene Regulierungen:

  • Deutschland: Seit 2017 verboten, geringe Mengen für Heilzwecke geduldet
  • Großbritannien: Seit 2016 verboten
  • Niederlande: Verbot ab 2020, therapeutische Anwendung bleibt möglich
  • Tschechien: Nur als Arznei unter Aufsicht zugelassen
  • Belgien: Duldet Verkauf gekapselter Produkte
  • Dänemark: Verbot seit 2016
  • Polen: Kein generelles Verbot

Interessanterweise ist Kratom in einigen asiatischen Ländern wie Taiwan oder Vietnam trotz seiner Herkunft mittlerweile verboten. Andere wie China oder Indien erforschen seine Potenziale weiter.

Diskussion um gesundheitliche Risiken

Die Befürworter von Kratom argumentieren, dass seine traditionelle Anwendung in Südostasien seit Jahrhunderten belegt sei und keine Fälle von Abhängigkeit oder Todesfällen dokumentiert wurden. Konsumenten berichten zudem, dass die Pflanze für viele Menschen eine Alternative zu Opiaten darstelle.

Kritiker werfen jedoch ein, dass Kratom Opioid-Agonisten wie Mitragynin enthalte, die abhängig machen oder bei Überdosierung kardiotoxisch wirken könnten. Studienlage und Langzeitdaten seien zu dünn für einen risikobewussten therapeutischen Einsatz.

Da Kratom mehrere Wirkmechanismen kombiniere, sei seine Wirkung generell nur schwer kalkulierbar. Experten fordern umfassendere Forschung zu Wirkprofil und Nebenwirkungen. Bis dahin seien strenge Regulierungen angebracht.

Kratom in der therapeutischen Praxis

Einige wenige Studien weisen auf positive Wirkungen von Kratom etwa bei Depressionen, Ängsten oder chronischen Schmerzen hin. In einigen Ländern wird es daher unter ärztlicher Aufsicht angewendet.

So wird in Tschechien ein spezieller Kratom-Sirup mit bekannter Dosierung als Arznei verschrieben. Patienten berichten von Linderung von Opiatentzugssymptomen oder chronischen Beschwerden.

Allerdings mangelt es der Forschung hier noch an großen placebokontrollierten Studien. Generell ist die Anwendung in der Schulmedizin höchst umstritten und kontrovers diskutiert. Eine klare Bewertung fällt schwer.

Fazit: Verbot oder weiterforschen?

Die EU hält strikt an ihrer Novel-Food-Einordnung fest, was in vielen Ländern ein faktisches Verbot nach sich zieht. Sowohl Befürworter als auch Kritiker sehen jeweils einseitige Argumentationen. Vermutlich wird Kratom auch in Europa umstritten bleiben.

Grundsätzlich wäre es sicher sinnvoll, Kratom therapeutisch weiter zu erforschen, etwa in klinischen Studien. So könnte man Daten zu Nutzen und Risiken sammeln. Allerdings sollte dies unter strenger medizinischer Aufsicht und Kontrolle erfolgen. Verantwortungsvoller Umgang ist oberstes Gebot.

Bis zur Klärung der Sicherheitsfragen bleiben restriktive Regularien für den Gesundheitsschutz vertretbar. Dennoch sollte die Bedeutung traditioneller Heilpflanzen nicht vorschnell infrage gestellt werden – auch in Europa.